Professionen und interdisziplinäre Praxis

Die Arbeit mit Klienten basiert in aller Regel auf einem Problem, einer sozial prekären Lebenssituation oder einem in irgendeiner Form "abweichenden" Verhalten. Selbst dann, wenn präventiv gearbeitet wird, steht das soziale Problem im Mittelpunkt, nämlich dadurch, dass es vorweggenommen wird, damit es gar nicht erst entsteht. Hieraus entstehen mindestens 2 interessante Forschungsfragen, denen wir systematisch und in unterschiedlichen Projektzusammenhängen nachgehen:

 

(I) Komplexe Probleme haben die Eigenschaft, dass sie aus verschiedenen Perspektiven ganz unterschiedliche Gestalten annehmen. Und in aller Regel werden die verschiedenen Perspektiven durch verschiedene Professionen eingenommen und bearbeitet. So arbeiten häufig Mediziner/innen, Jurist/inn/en, Sozialpädagog/inn/en, Psycholog/inn/en, Lehrer/innen, Polizist/inn/en und öffentliche Verwaltungsmitarbeiter/innen an einem "Fall". Je nach Profession kann der Fall anders aussehen bzw. der Problemfokus verschoben sein. Dennoch muss bzw. sollte zusammengearbeitet werden. Wie funktioniert das in der Praxis? Wann verläuft die Zusammenarbeit produktiv, wann hemmend?

 

(II) Abgesehen von Kompetenz-Rangeleien ergeben sich daraus fundamentale Probleme: Wem ist der bzw. die Professionelle verpflichtet? Dem einzelnen Klienten? Der Profession und den berufsethischen Maßstäben? Oder aber dem Arbeit- bzw. Auftraggeber? Also zusätzlich zu den Problemen der interdisziplinären Zusammenarbeit entstehen innerdisziplinäre Dilemmata. Wie gehen die jeweiligen Vertreter/innen der untschiedlichen Profession mit diesem professionsspezifischen Dilemmata in der beruflichen Praxis um? Welche Probleme entstehen hieraus in der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Vertreter/innen derselben Profession? Welche Rolle spielt dabei das Handlungsfeld oder auch der Einzelfall?

 

In verschiedenen Studien haben wir diese Fragen bearbeitet, u.a. in der Schulforschung, der Flüchtlingsforschung und in der Gewaltforschung. Spannend sind dabei insbesondere Organisationen, in denen verschiedene Professionen täglich zusammenarbeiten und aufeinander angewiesen sind.

Publikation

El-Mafaalani, Aladin; Heufers, Patricia; Wirtz, Stefan; Akbasoglu, Süreyya; Karaoglu, Sündüz (2012): Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Clearinghaus. Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung. Dortmund/Düsseldorf: ISF-Ruhr.



Brämer, Marie; El-Mafaalani, Aladin; Heufers, Patricia (in Arbeit): Wenn Wissenschaftler auf Praktiker treffen. Über Erwartungs- und Handlungsmuster der Akteure in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Münster. [erscheint im Winter 2012]

 

El-Mafaalani, Aladin (2012): (Wie) lässt sich Chancengleichheit steuern? Zur Unwahrscheinlichkeit ungleichheitssensibler Schulpraxis. In: Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.): Transnationale Vergesellschaftung. Verhandlungen des 35. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Frankfurt am Main 2010. Wiesbaden. [Erscheint Sommer 2012]

 

El-Mafaalani, Aladin (2011): Das deutsche Schulsystem: Unsystematische Diagnostik oder organisierte Verantwortungslosigkeit? Wie Analphabeten durch die Schule kommen - eine Fallanalyse. In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit 3/2011. [abstract]

 

El-Mafaalani, Aladin (2010): Ohne Schulabschluss und Ausbildungsplatz. Konzeptentwicklung und Prozesssteuerung in der beruflichen Benachteiligtenförderung. Marburg. [weitere Informationen]

 

El-Mafaalani, Aladin (2010): Vom Wissensvermittler zum Übergangsmanager. Professionelle Prozessgestaltung und -steuerung in der berufsschulischen Benachteiligtenförderung. In: Buchen, Herbert; Horster, Leonhard; Rolff, Hans-Günther (Hrsg.): Schulleitung und Schulentwicklung (September 2010). Berlin.